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Kampfsport, Gesundheit und Wehwehchen

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AusredenIch kriege fast schon körperliche Schmerzen, wenn ich 20jährige „Kampfsportler“ höre, die über ihre Gesundheit und die Zipperlein klagen und dann lamentieren, man könne ja nichts machen, denn der Arzt würde nichts finden. Teenies, die jammern wie rheumatische 70-jährige und sich, sobald es anstrengend wird, in Verletzungsausreden retten und auf die Bank schleppen. Von dort aber schlaue Ratschläge geben und sofort dabei sind, wenn es an spaßigere Themen geht. Wer ernsthaft verletzt ist, hat beim Training nichts zu suchen. Oder er beißt die Zähne zusammen, macht mit und hält die Klappe.
Alles andere sind Ausreden, um entweder nicht oder nur eingeschränkt zu trainieren. Einen angeblichen ärztlichen Befund als gottgegebene Weisheit zu präsentieren, an der man nichts machen kann, ist Faulheit oder Dummheit, meist eine Kombination aus beidem.


Wer wirklich durch Krankheit oder Verletzung leidet, holt sich mindestens eine zweite Experten-Meinung ein, sofern einem wirklich etwas am eigenen Wohlbefinden liegt. Schon Google verrät viel über verschiedene Möglichkeiten, Zipperlein zu behandeln. Und ja: Das kann Zeit und Geld kosten. Aber wer die nicht aufwendet, der hat weder beim Kampfsport etwas verloren noch sollte er seinem Trainer die Ohren volljammern, er könne mal wieder gerade nicht.

Kampfsport macht fit, gesund und erhält die Lebensqualität bis ins hohe Alter! Außerdem beugt es Erkrankungen vor. Wenn man es richtig macht und auf seinen Körper hört. Je älter ich werde, desto mehr Signale gibt mein Körper mir. Wahrscheinlich hat er mir die Signale schon vorher gegeben, ich höre mittlerweile aber besser zu … Was ein typisches Problem aller Freizeitsportler ist, denn wenn die Balance zwischen zu großem eigenem Ehrgeiz und fehlenden körperlichen Voraussetzungen kippt, drohen nervige Verletzungen. Profisportler haben dafür nicht umsonst einen Trainerstab und bestens geschultes medizinisches Personal.

Mit meinen Knien hatte ich schon als 25-Jähriger Probleme. Von familiärer Seite her nicht gerade mit einer sportlichen Grundkonstitution und super belastbaren Gelenken ausgestattet, musste ich meinem Ehrgeiz gerade beim Kung Fu Tribut zollen. Tiefe Stände und ein nur mit dünnem Teppich belegter Betonboden waren für meine langen Gräten nicht optimal. Jedenfalls nicht, ohne gezieltes Aufbautraining zu betreiben. Davon hatte ich zu der Zeit allerdings überhaupt keine Ahnung.
Knie sind immer ein Schwachpunkt in der menschlichen Anatomie, wenn sie in Bewegung gebracht werden soll. Gerade bei etwas schwereren Menschen müssen diese Gelenke eine Menge mitmachen. Doch zum Glück habe ich alle schlauen ärztlichen Tipps („Kniespiegelung“) in den Wind geschossen und mich in Bielefeld zu einem super Krankengymnasten begeben. Der hat die Knie tatsächlich durch Massage (!) hinbekommen.

Seitdem habe ich zwei Dinge verinnerlicht: Erstens traue nie der Meinung EINES Orthopäden. Zweitens gehe immer erst zum Physiotherapeuten / Krankengymnasten (wenn denn ein guter zu haben ist), bevor die Herren über Spritzen und Röntgen einen in die Finger bekommen. Ein Arzt sieht mich, wenn es gut läuft, stolze 5 Minuten. Mehr Zeit hat er nicht. Ein Physiotherapeut hat mindestens 20 Minuten pro Behandlung für mich Zeit.
Das halte ich auch aktuell ein. Einmal pro Woche besuche ich meinen persönlichen Wohltäter oder Sklaventreiber, je nach Zustand meines Bewegungsapparates. Dabei pfeife ich auf alle Krankenkassen und Ärzte und warte nicht auf Verschreibungen und Rezepte. Ein Termin beim Physiotherapeuten ist ungefähr so teuer wie eine Kinokarte. Die gebe ich gerne aus, und meiner Meinung nach sollte einem das gerade in fortschreitendem Alter die Gesundheit eigentlich wert sein. Wenn ich übrigens gerade einmal fit bin, dann quält mich „mein“ Physiotherapeut mit einer Kettlebell. Was für mich vorbeugende Krankengymnastik ist …

Da ich schon recht früh mit Kampfsport angefangen habe, zehre ich heute mit über 50 natürlich von einigen Grundlagen. Wer in meinem Alter erst anfängt, wird mehr Probleme vor allem mit dem großen Thema Gelenkigkeit haben. Aber es erwartet auch keiner von einem 50-Jährigen, dass er locker zum Kopf treten oder alle 20jährigen umhauen kann.

Zehen können so empfindlich sein! :-)
Zehen können so empfindlich sein! 🙂

Wirklich ernsthafte Verletzungen habe ich nie gehabt. Die höre ich immer nur, wenn ich mit Freizeitkickern spreche. Knochen gehen beim Kampfsport extrem selten zu Bruch, bei mir noch nie. Eine angebrochene Rippe bei einer Rangelei mit einem meiner Mitstreiter – damals ärgerlich, aber im wahrsten Sinne kein Beinbruch, das Training ging weiter.
Schultereckgelengssprengung aus Übermut – total geschafft wollte ich noch mit einer Judorolle glänzen. Daraus wurde eine Art Torpedo Richtung Boden, aufgefangen durch die Schulter. Diese durchaus interessante Erfahrung führte tatsächlich einmal auf direktem Wege ins Krankenhaus und zu zweiwöchiger Zwangspause.
Mein Urteil über Ärzte wurde bestätigt, als ein Herr Dr. Orthopäde meinte, es sei nix Dramatisches. Mein Physio schlug, als es nicht besser wurde, die Hände über dem Kopf zusammen und meinte, dass ein Blinder mit Krückstock hätte sehen müssen, dass hier Bänder gerissen seien. Das war der Beginn meiner Leidenschaft für Kettlebells, denn damit habe ich die Muskulatur wieder aufgebaut, die heute für Stabilität zwischen den Ohren sorgt.

Ansonsten mal ein wackliger Zahn, ein blaues Auge oder eine blutende Lippe – mehr bekommt ein Kampfsportler in der Regel nicht auf und an das Haupt. Meist aus eigener Schuld, denn eigentlich sollte die Birne ja durch gute Deckung geschützt sein! Ach ja, Zehen verzeihen es nicht, wenn sie in falscher Haltung auf Hindernisse treffen. Das war es aber auch, und das nach fast 40 Jahren.

Da Kampfsport auch die Psyche schult, lernt man mit der Zeit, mal die Zähne zusammen zu beißen, wenn es Wehwehchen gibt. Oder auch mal Pause zu machen, wenn man sich wirklich verletzt hat. Durchhaltevermögen ist nicht die schlechteste Charaktereigenschaft, die unser Sport vermitteln kann. Und in Sachen Verletzung sind Fußball, Handball oder Reiten deutlich gefährlicher!

 

3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Peter Mixa, 7. DAN Wado Ryu Karate
    9. Oktober 2014 11:47

    Ja..so sehe ich das zu hundert Prozent auch…abgesehen davon heilt nichts Verletzungen besser als Bewegung und gerade im Kampsport gibt es so viele moeglichkeiten….wenn mein rechter Arm kaputt ist, nehme ich den linken und/oder die Beine. ….manche der harten Jungs sollten mal beim Baletttraining zuschauen….da relativiert sich so einiges wieder und da kann sich mancher Kampfkünstler ein oder zwei Scheiben abschneiden…..allerdings….es ist alles eine Frage der Motivation…welche Preise man bereit ist zu zahlen……hinterfragt das zuerst

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  • Witalli Reingard. 3. DAN Lung Chuan Fa Kempo
    12. Oktober 2014 18:26

    Hi Lutz und danke für den Beitrag. Prinzipiell stimme ich dir zu. Und ich glaube mich erinnern zu können, dass es früher mal anders war. Zumindest beim Erwachsenentraining war die Ersatzbank fast immer leer und die Selbst-Motivationskanonen humpelten und husteten sich durchs Training. Nur wenn es gar nicht ging, bleib man zu Hause…

    Allerdings habe auch ich schon mal die eine oder andere Trainingseinheit an der Seite verbracht. Manchmal möchte man trotz Aua zumindest visuell dem Training beiwohnen, um keine Inhalte zu verpassen.

    Als Trainer stand ich auch schon diverse Male am Rand, jedoch (hoffentlich) immer mit einen konstruktiven Kommentar.

    Aber mit kleinen Wehwehchen, Kartzern oder einfach einem mentalen „Keinbockschub“ nicht am Training zu partizipieren und dabei noch reinzuquatschen ist natürlich ein NoGo… und wird hoffentlich nicht zum Trend.

    Nur die harten kommen in den Garten 😀

    Gruß

    Antworten
  • Fabian Hellweg. 1.DAN Lung Chuan Fa Kempo
    15. Oktober 2014 18:22

    Hallo Lutz,

    in deinem Beitrag vertrittst du natürlich eine vollkommen verständliche Meinung. Deine Ansicht über Ärzte oder andere Heilpraktiker muss sich wohl jeder selber bilden. Ich habe sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen gemacht.
    Ich stimme dir voll und ganz zu, dass man eine klare Linie als Sportler fahren sollte. Wenn man eine ernsthafte Verletzung/Krankheit hat, dann sollte man die Signale seines Körpers respektieren und dem Training fern bleiben. Natürlich bedeutet das nicht, dass man nicht zuschauen kann, schließlich sollte der Verein wie ein Freundeskreis von Gleichgesinnten sein, bei dem man sich auch ohne sportliche Aktivität wohl fühlen sollte.
    Wenn man allerdings mitmacht, dann ist es sowohl für den Trainingseffekt als auch für das eigene gute Gefühl nach dem Training wichtig, dass man durchzieht. Ein kleines Brennen in den Muskeln und das Gefühl sich richtig ausgepowert zu haben ist am Abend immer wieder ein Endorphinschub, der sich lohnt. Da sollte ein blauer Fleck oder eine kleine Quetschung nicht hinderlich sein.

    Ganz wichtig ist, dass Sport Spaß machen sollte.

    Viele Grüße

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